CO₂ ist längst nicht mehr nur ein Abfallprodukt, es wird zunehmend als wertvolle Ressource verstanden. Besonders in der Stahl-, Chemie- und Zementindustrie eröffnen sogenannte CCUS-Technologien (Carbon Capture, Utilisation & Storage) neue Möglichkeiten, um Emissionen zu reduzieren und CO₂ als Rohstoff zu nutzen.
Wie CO₂ künftig als Rohstoff in industriellen Prozessen genutzt werden kann, stand im Mittelpunkt des NEFI Technology Talks „CO₂ als Ressource – Technologien und Chancen“, der am 16. Oktober 2025 an der Montanuniversität Leoben stattfand. Forschende, Industrievertreter*innen und Förderinstitutionen diskutierten aktuelle Entwicklungen, Herausforderungen und Zukunftsperspektiven. Der Klima- und Energiefonds informierte zudem über neue Förderprogramme und gab Impulse für die Entwicklung innovativer Projekte.
Ein Höhepunkt der Veranstaltung war die Präsentation des NEFI-Projekts directCCE, das einen neuen Ansatz zur CO₂-Nutzung verfolgt. Dabei wird CO₂-haltiges Lösungsmittel direkt in einer Elektrolysezelle in Synthesegas umgewandelt – ein Gemisch aus Kohlenmonoxid (CO) und Wasserstoff (H₂), das als Grundlage für chemische Produkte wie Methanol oder synthetische Kraftstoffe dient.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Verfahren entfällt bei directCCE der thermische Schritt zur CO₂-Abtrennung. Dadurch wird der Prozess kompakter, energieeffizienter und potenziell kostengünstiger.
Das Team der Technischen Universität Wien präsentierte aktuelle Ergebnisse zur Entwicklung der elektrochemischen Zelle, zur Versuchsanlage und zu laufenden Skalierungsarbeiten. Besonders hervorgehoben wurde die Möglichkeit, das Verhältnis von CO und H₂ im Synthesegas gezielt zu steuern – etwa durch Anpassung des Zelldesigns oder der Stromdichte. Modellrechnungen zeigen, dass pH-Werte zwischen 8,5 und 10 besonders günstige Bedingungen für die Kopplung von Absorption und Elektrolyse bieten.
Durch die Rezirkulation des Lösungsmittels kann das Verfahren flexibel an verschiedene Stoffsysteme angepasst werden, ohne dabei Emissionsgrenzwerte zu überschreiten. Aktuell werden Zellen mit Flächen von 16 cm² und 100 cm² getestet, während die Hochskalierung auf 200 cm²-Zellen und einen 600 cm²-Stack vorbereitet wird. Erste 16-Stunden-Dauertests belegen bereits eine hohe Stabilität. In einem geplanten Pilotbetrieb bei Wien Energie soll das System künftig mit Abgas einer Müllverbrennungsanlage unter realen Bedingungen erprobt werden.
Parallel dazu untersucht die Universität Innsbruck elektrochemische Prozesse im Labormaßstab (5 cm²-Zellen). Ziel ist es, das Verhalten der Elektroden und Schichten besser zu verstehen und das Potenzial zur Steigerung der Umwandlungseffizienz und Selektivität zu bewerten.
An der Montanuniversität Leoben werden darüber hinaus verschiedene Integrationspfade für industrielle Anwendungen simuliert. Dabei werden drei Prozessrouten untersucht: zwei Varianten mit thermischer CO₂-Abtrennung und eine mit direkter Elektrolyse. Erste Vergleiche zeigen, dass der directCCE-Ansatz die höchste CO₂-Umwandlungsrate erzielt, während die Hochtemperatur-Elektrolyse eine besonders hohe Energieeffizienz aufweist.
Zukünftige Studien werden sich darauf konzentrieren, wie directCCE in bestehende Industrieprozesse integriert werden kann. Dabei spielt die CO₂-Konzentration in den Abgasströmen eine wichtige Rolle, da sie maßgeblich die Effizienz der verschiedenen CCU-Pfade beeinflusst.
Der NEFI Technology Talk 2025 machte deutlich, wie rasant sich die Forschung im Bereich CO₂-Nutzung und -Verwertung weiterentwickelt. Mit directCCE wurde ein innovativer Ansatz vorgestellt, der das Potenzial hat, industrielle Prozesse nachhaltiger zu gestalten und damit einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zu einer CO₂-neutralen Industrie zu leisten.
Weitere Informationen zum Projekt finden Sie hier: directCCE - Direct Carbon Capture and Electrolysis.